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Symbole und symbolisches Handeln - Wie Wörter, besitzen auch Symbole und symbolische Handlungen eine ungeheure Kraft

26. Mai. 2022

PERSPEKTIVE "LEBEN"

a) Einführung von Stefan Weinert

Wer die Macht der Symbole und die Macht der symbolischen Handlungen unterschätzt, sie als mittelalterlich oder gar als überflüssig abtut, der hat keine Ahnung von Geschichte allgemein und schon gar nicht hat er Ahnung von der menschlichen Psyche und auch Physis. Genau das muss ich dem derzeitigen Noch-Kanzler der BRD, Olaf Scholz von der SPD attestieren. Sein Nicht-Besuch in der Ukraine nach dem 24. Februar 2022 bis heute (1. Juni 2022), ist nicht nur ein Verstoß gegen die guten Sitten, sondern die Verweigerung einer symbolischen Solidaritätshandlung, die der homo sapiens seit seiner "Geburt" philologisch (menschliche Spezies) und ontologisch (persönlich als Individuum) zum Überleben benötigt. Scholz' "Zeitenwende" ist eine hohle politische Sprechblase, wie ich sie (* 1951) seit meinem sozialen Erwachen in in den 1960er Jahren bisher nicht erlebt habe.

Die wirkliche ZEITENWENDE nach dem Weltkrieg II. führte der große und charismatische deutsche SPD-Politiker Willy Brandt herbei, als er im Dezember 1970 in Warschau auf die Knie fiel und ohne Worte !! sagte, er und das deutsche Volk bitten um Verzeihung für die Gräueltaten der Nazi-Deutschen zwischen dem 1. September 1939 bis 8. Mai 1945.

Als am 1. Dezember 2021 eine Menschenmenge von Corona-Leugnern und Impfgegnern durch die Ravensburger Innenstadt zog, war eine Dame darunter, die an ihrer Stirn den gelben Judenstern mit der Aufschrift "Ungeimpft" trug. Ich bat sie mehrmals dringend, diesen Stern abzunehmen und erklärte ihr auch warum. Sie tat es nicht, sondern - mit Unterstützung anderer - beschimpfte sie mich aufs Gröbste, woraufhin ich sie anzeigte. Nicht wegen des Beschimpfens, sondern wegen des Tragens des gelben Stern. Sie wurde später tatsächlich dafür bestraft. Aber es ist doch nur ein gelber Stern. Nein, ist es/er eben nicht. Er erzählt die wahre Geschichte der Nazischergen und die der von ihnen 6.000.000 und mehr getöteten Juden. Und er behauptet in diesem speziellen Fall: Die aktuelle deutsche Regierung sei durch ihre Coronapolitik mit mit den Nazis von 1933/45 gleichzusetzen. Das ist die Kraft (negativ oder positiv) eines Symbols.

Der folgende hervorragende Aufsatz erzählt die Geschichte der Symbole und die der symbolischen Handlungen, ihre Macht und Energie (man/frau denke da auch nur an das "Kreuz" - das christliche, aber auch das "Rote" auf den Dächern der Krankenhäuser . . .


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b) Frank Becker und Peter Hoeres, Universität Münster

https://www.uni-konstanz.de/FuF/Philo/Geschichte/Tutorium/Themenkomplexe/Quellen/quellen.html

Noch vor wenigen Jahren wäre es ungewöhnlich gewesen, die Quellengruppe der ‘Symbole’ in eine Einführung zur Historischen Quellenkunde aufzunehmen. Symbole erscheinen bloß plakativ oder mehr als Schmuck und Zierrat denn als brauchbare Informationsträger zur detaillierten Rekonstruktion historischer Gegebenheiten. Freilich gehören in der Literaturwissenschaft Symbole als Bestandteile von Texten zu den wichtigsten bedeutungstragenden Elementen – nahe liegender Weise sollte Symbolen, die auch unabhängig von Texten in den verschiedensten Kommunikationssituationen auftreten, als Quellen ein ähnliches Bedeutungspotential zukommen.  Diese Einsicht hat aus den Symbolen in jüngster Zeit eine wichtige Quelle, aus der symbolischen Kommunikation ein stark beachtetes Feld historischer Forschung gemacht.

Die folgenden Seiten der Autoren Frank Becker und Peter Hoeres behandeln das Thema ‘Symbole’ als Teil der Quellenunterscheidung nach medialen Gesichtspunkten zunächst allgemein und beschäftigen sich dann der Reihenfolge nach mit den Symboltypen ‘Sprachliche Symbole’ - ‘Gegenständliche Symbole’ - ’Symbolisches Handeln’. Die Autoren legen dabei besonderen Wert auf die grundlegende Bedeutung von Symbolen in den verschiedensten kulturellen Kontexten. Symbole werden hier letztlich als eigenständige Kommunikationsmittel gefasst, deren Gehalt und sinnvermittelnde Leistung nicht ohne weiteres auf andere Medien reduziert werden kann. Nicht nur manche Geste “sagt eben mehr als tausend Worte”.

Die Quellengruppe der Symbole gehört weder eindeutig zu den visuellen, noch zu den sprachlichen Quellen, Symbole können prinzipiell jede beliebige materielle Gestalt annehmen, wobei die sprachliche und die visuelle Form die am häufigsten verwendeten Typen sind. In einfachster und grundlegendster Definition ist ein Symbol schließlich alles, was nicht nur für sich selber, sondern gleichzeitig auch für etwas anderes steht; was gemäß einer mehr oder minder fest verankerten Konvention Bedeutungszusammenhänge aufruft, die außerhalb seiner selbst angesiedelt sind. Jedes politische System, auch eine heutige pluralistische Demokratie, verkörpert Ideen, Werte und Leitvorstellungen, die auch in Symbolen sinnfällig werden. Letztlich hat jede politische Handlung neben ihrem unmittelbar-praktischen Zweck auch eine symbolische Dimension, indem sie auf das gesamte Normensystem zurückverweist, von dem sie angeleitet wird und in das sie eingebettet ist.

Beispiel: Die Krone eines Monarchen teilt nicht nur als Schmuckstück seinen materiellen Wert mit, sondern zeigt ihren Träger als legitimen Machthaber. Sie ist nur eine Spielart symbolischer Kopfbedeckungen wie der Lorbeerkranz des Cäsar oder die Mitra des Bischofs. Dass Napoleon auf dem Gemälde bei der Kaiserkrönung einen Lorbeerkranz trägt, unterstreicht seine Legitimation jenseits kirchlicher Autorität: Napoleon krönt sich in päpstlicher Gegenwart selbst. Als monarchisches Zeichen ist die Krone meistens nur eines von mehreren Insignien, z.B. neben dem Szepter auf dem Bildausschnitt von Kaiser Maximilian. Herrschaftsinsignien haben oft solch einen symbolischen Wert, dass ihr Schutz in höchstem staatlichen Interesse liegt, damit die Legitimation und Autorität nicht auf den Falschen übergehen. Graf Sinzendorff hält die Krone auf einem Kissen. Als Symbol des Heiligen Römischen Reiches steht sie hier zunächst für sich selbst und verweist nur mittelbar auf Sinzendorffs Amt als Reichsschatzmeister.

Napoleons Krönung in Nôtre Dame zum ‘Kaiser der Franzosen’ am 2.12.1804. Gemälde von Jacques-Louis David 1806/07; Louvre, Paris.

Napoleons Krönung in Nôtre Dame zum ‘Kaiser der Franzosen’ am 2.12.1804. Jacques-Louis David 1806/07.

Georg Ludwig Graf Sinzendorff , Ölgemälde von Simon Peter Tilemann 1653 oder 1658; Deutsches Historisches Museum, Berlin.

Georg Ludwig Graf Sinzendorff (in der Robe des Reichsschatzmeisters) mit der Krone des ‘Heiligen Römischen Reiches’.  Simon Peter Tilemann 1653 oder 1658, Öl.

Was kann Symbol sein? In einem sehr weit gefassten Sinn kann jedes erdenkliche Objekt zu einem Symbol werden: Insofern es über sich hinaus auf etwas anderes verweist. Auf dieser Basis wäre es natürlich müßig, überhaupt zwischen verschiedenen Quellen- bzw. Symboltypen unterscheiden zu wollen. Beschränkt man jedoch den Symbolbegriff auf die Gruppe der im politisch-sozialen und kulturellen Leben tatsächlich - und intentional - Verwendung findenden Symbole, dann lässt sich zumindest eine grobe Einteilung vornehmen. Hier bietet sich eine Dreiteilung an. Die erste Gruppe bilden hierbei die ‘gegenständlichen Symbole’. eine zweite Gruppe wird von den ‘symbolischen Handlungen’ konstituiert, und die im Medium der Sprache realisierten Symbole treten zu einer dritten Rubrik zusammen.

Kaiser Maximilian I. Ölbildnis von Bernhard Strigel 1496; Deutsches Historisches Museum, Berlin.

Kaiser Maximilian I..Bernhard Strigel 1496, Öl.

Wichtig: Symbole sind als Kommunikationsmittel eine wichtige Quelle. Wie die Wörter einer Sprache besitzen auch Symbole (mehr oder weniger) fest zugeordnete Bedeutungen. Diese werden bei jeder Verwendung des Symbols aufgerufen. Mit Symbolen kann man also kommunizieren. Wer gesellschaftliches Handeln in all seinen Formen verstehen will, muss diese symbolische Kommunikation einbeziehen. –Eben auch durch den Einsatz von Symbolen teilen Menschen beziehungsweise Menschengruppen einander etwas mit und bringen ihre Auffassungen zum Ausdruck- Die Rekonstruktion der Bedeutung von Symbolen trägt so entscheidend zum Verständnis von sozialen Interaktionen bei. Gerade wenn es darum geht, in kulturwissenschaftlicher Perspektive den Sinnhorizont von historischen Akteuren oder Gesellschaftsformationen zu rekonstruieren, sind die Symbole, in denen sich sehr viel vom Weltverständnis der Zeitgenossen ausspricht, eine wertvolle Quelle.

Bei Symbolen denkt man zumeist an gegenständliche Symbole wie Fahnen und Wappen, seltener an symbolische Handlungen wie politische Feste und Ehrungen; die im Medium der Sprache realisierten Symbole jedoch erscheinen oft unspektakulär, als schmückendes Beiwerk mit geringer Bedeutung für die öffentlichen Formen von Kommunikation. Diese Sicht verkennt die überragende Rolle der Sprache für den unseren Wirklichkeitsbezug. Auch gegenständliche Symbole und symbolische Handlungen entfalten ihre volle Wirksamkeit oft erst dort, wo ihre Aussageabsichten ‘versprachlicht’, in natürliche Sprache ‘übersetzt’ werden. Die Bilder und Symbole, mit denen Sprache selbst angereichert ist, haben entscheidenden Anteil an der gesamten Sinnkonstruktion: jedes sprachliche Symbol legt eine besondere Interpretation desjenigen Gegenstandsbereichs nahe, auf den es bezogen wird. Die Auswahl eines Symbols bestimmt daher die Bewertung des von ihm bezeichneten Phänomens ebenso, wie sie die Vorstellung von diesem Phänomen auch in eine bestimmte Richtung lenkt.

Beispiel: Kriegsausbruch

Am geläufigen Begriff des Kriegsausbruchs lässt sich die lenkende Kraft sprachlicher Symbole veranschaulichen: Die Metapher eröffnet den Anspielungshorizont eines Naturereignisses, eines Gewitters, Vulkanausbruchs oder Brandes. Je nach Deutung im größeren Zusammenhang kommt es so zu verschiedenen Interpretation des Krieges, etwa als einem natur- und schicksalhaften Ereignis unter Absehung von konkreten Ursachen, oder als  gleichsam eruptiver Gewalt, die alles einebnet, verdüstert, verschlingt, oder als ansteckender, überspringender, zerstörerischer Feuerkraft. In allen Fällen tritt der Einzelne als geschichtlich Handelnder in der Kriegsdeutung zurück. Krieg als ‘Reinigende Kraft’, als ‘Weltbrand’, als ‘die Bestie Krieg’ -Dauerhafte Veränderung des Sinn- und Deutungsgefüges durch die den verwendeten Bildern innewohnende Logik

Strathmann: Sturmangriff, 1914

Sturmangriff, 1914.Carl Strathmann,  Öl/Leinwand.

Verweiszusammenhang und Verständnis. Sprachliche Ausdrücke erschließen sich eben nicht nur durch das, was sie konkret bezeichnen, sondern auch durch die Verweiszusammenhänge, die sie, gleich ob bildlich oder abstrakt, eröffnen: Der ‘Morgenstern’ ist insofern etwas anderes als der ‘Abendstern’ (obgleich beides Mal die Venus), der ‘Kriegsbeginn’ nicht das Gleiche wie der ‘Kriegsausbruch’. Beispiele für sprachliche Symbole sind: Metaphern, Allegorien, Mythen...

Die Quellengruppe der gegenständlichen Symbole besitzt traditionell in der Mediävistik einen besonderen Stellenwert. Dies liegt an der mangelhaften Textbasis für das Frühmittelalter, an der hohen Bedeutung nonverbaler Kommunikation und am Symbolreichtum im Mittelalter. Spezielle Hilfswissenschaften haben sich zur Erforschung gegenständlicher Symbole wie Wappen und Siegel gebildet. Auch in der Neuzeit finden gegenständliche Symbole weite Verbreitung, nicht nur in autoritären Systemen, sondern auch in Demokratien. Die Historikerin Elisabeth Fehrenbach hat für das Zeitalter des Nationalstaates eine allgemeine Symbolik in Flaggen, Hymnen, Nationaldenkmälern aufgezeigt. Symbole erfahren Bedeutungsverschiebungen und sind oft mehrdeutig. Diachron, also entwicklungsgeschichtlich, und synchron, also zeitgleich, muss man die unterschiedliche Verwendung und Bedeutung von Symbolen berücksichtigen und interpretieren. Die Relevanz gegenständlicher Symbole lässt sich am Streit um sie ablesen.

Kokarde, schwarz-rot-gold, um 1832

Kokarde, schwarz-rot-gold, um 1832.

Beispiel 1: Flaggenstreit

Die Mehrdeutigkeit von Symbolen zeigt sich anhand des ‘Flaggenstreites’ in der Weimarer Republik. Schwarz-Rot-Gold galt nach dem Ersten Weltkrieg zunächst als Symbol für die großdeutsche Bewegung in Österreich, so dass der Alldeutsche Verband 1918 für diese Fahne eintrat. Erst in Abgrenzung zu Schwarz-Weiß-Rot wurde die demokratisch-liberale Bedeutung wiedergewonnen. Während Konservative mit der schwarz-weiß-roten Fahne des Kaiserreichs den Bezug zur Tradition herstellen wollten, rekurrierten Demokraten auf die schwarz-rot-goldene Fahne als Symbol der Revolution von 1848 und der Demokratie. Später nannte sich ein republikanischer Zusammenschluss prägnant „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“. Der Flaggenstreit endete in einem Kompromiss, für die Handelsschifffahrt waren beide Flaggen gültig, und ab dem 5. Mai 1926 wurde die Doppelbeflaggung für die diplomatischen Vertretungen im Ausland zugelassen.

Beispiel 2: derzeitige Verwendung der schwarz-rot-goldenen Fahne

Heutzutage ist die schwarz-rot-goldene Fahne die offizielle Nationalflagge Deutschlands. Ihr Zeigen außerhalb staatlicher Zeremonie besitzt entweder eine eher folkloristische Bedeutung, etwa bei Fußballspielen, oder hat einen politisch-nationalen Akzent, etwa vor und während der Wiedervereinigung als Symbol des Einigungsstrebens. Eine Infragestellung der Nationalfarben erfolgt heute offiziell praktisch nicht mehr: Schwarz-Weiß-Rot als Flaggenfarben im deutschen Kontext weisen mit an hoher Wahrscheinlichkeit auf eine rechtsextreme Gesinnung jenseits von konservativen Überzeugungen hin.

Hermannsdenkmal bei Detmold-Hiddesen, 1875

Hermanns Denkmal bei Detmold-Hiddesen, 1875.

Weitere Beispiele für Gegenständliche Symbole sind: Fahnen, Wappen, Logos, Siegel, Stempel, Leitfiguren, Kleidung, Uniform, Abzeichen, Rangabzeichen, Hymne usw... Links im Bild ist ebenfalls ein Beispiel für eine gegenständliche Quellen mit hohem Symbolgehalt zu sehen: das Hermans Denkmal bei Detmold-Hiddesen.

In den letzten Jahren öffnet sich die Geschichtswissenschaft verstärkt dem Forschungsfeld symbolischen Handelns. Symbolisch werden Handlungen dann, wenn sie als Teil eines größeren Sinnzusammenhanges begriffen werden können und als Kommunikationsmittel fungieren, deren Gehalt sich nicht allein in der konkreten Handlung erschöpft: Ein schmerzverzerrtes Gesicht ist für sich genommen noch nicht symbolisch, kann es, je nach Kontext, aber werden. Unter dem Aspekt symbolischen Handelns können Verhalten, Handlungen und Handlungsabläufe in besonderer Weise als Bedeutungsträger analysiert werden. Es gibt vielfältige Formen des symbolischen (nonverbalen) Handelns:

  • Mimik meint den unmittelbaren körperlichen Ausdruck, vor allem des Gesichtes.
  • Gestik betrifft demgegenüber das körperliche Verhalten, besonders Körperhaltung und Bewegung.
  • Rituale und Zeremonien umfassen ganze Handlungsabläufe, wobei alltagssprachlich die Zeremonie oft als                   umfassenderer Vorgang verstanden wird, was aber nicht der Fall sein muss.

Rituale und Zeremonien als regelhaftes Handeln. Rituale und Zeremonien stellen eine regelhafte Verkettung, einen Fundus von festen  symbolischen Handlungen dar. Während eine Zeremonie bestehende Ordnungen und Verhältnisse symbolisiert, zielt das Ritual auf eine Statusveränderung oder -Bestätigung der Beteiligten im Verhältnis zu ihrer Umwelt ab. Verhalten von Beteiligten, dass im Hinblick auf Regelhaftigkeit den Erwartungshorizont der übrigen Teilnehmer überschreitet bzw. konterkariert, kann gerade im Verhältnis zu den gängigen Regeln historisch sehr aufschlussreich sein. Etwa, wenn ein Monarch bei der Krönungszeremonie dem Papst/Bischof, der ihn eigentlich krönen müsste, die Krone aus den Händen nimmt und sie sich selbst aufsetzt, etwa, um eine gewisse Distanz zum kirchlichen Machtanspruch oder die eigene Macht- Herrlichkeit zu betonen. Im Alltag werden Rituale und Zeremonien bisweilen erst gerade dadurch offensichtlich, dass sich jemand nicht an sie hält.

Versailler Spiegelsaal

Kaiserproklamation im Spiegelsaal von Versailles am 18.01.1871, Tuschfederzeichnung von Anton Alexander v. Werner.

Symbolisches Handeln in Mittelalter und Frühmoderne. Symbolisches nonverbales Handeln spielte in Mittelalter und Frühmoderne als Kommunikationsmittel eine sehr wichtige Rolle. Die richtige Dechiffrierung symbolischen Handelns leistete einen bedeutenden Beitrag zur Konfliktvermeidung und musste daher beherrscht werden, ebenso, wie es entsprechend einen zweckrationalen Gebrauch von Symbolen gab. Es ist insofern fraglich, ob diese Zeitalter durch ihren starken Symbolgebrauch weniger rational oder reflexiv waren als die Moderne. Gerade der Blick auf die Rationalität symbolischer Kommunikation kann spannende Ergebnisse bringen und neue historische Fragen aufwerfen. So hat der Mediävist Gerd Althoff die symbolische Kommunikation in der politischen Praxis, die ‘Spielregeln der Politik’ im Mittelalter erforscht. Im Hinblick auf den zweckrationalen Gebrauch symbolischer Akte in der Vormoderne lässt sich auch fragen, ob die These eines linearen Rationalisierungsprozesses im ‘Prozess der Zivilisation’ in dieser Allgemeinheit überhaupt zutrifft.

Kniefall Willy Brandts

Kniefall Willy Brandts vor dem Mahnmal des jüdischen Ghettos in Warschau, 7.12.1970.

Symbolisches Handeln in der Moderne. Der Stellenwert von Ritualen und Symbolen in der Politik wurde vom US-Amerikaner Murray Edelman herausgestellt, der die Bedeutung von Symbolen, Ritualen und Mythen in der und für die Politik analysierte. Die Rolle symbolischen Handelns sollte in demokratischen Gesellschaften allgemein nicht unterschätzt werden, auch wenn sie vielleicht nicht so deutlich oder wichtig ist, wie die Inszenierung von Handlungen etwa im Nationalsozialismus oder Kommunismus, wo z.B. die Teilhabe der Massen an der Macht symbolisch vermittelt wurde. So scheint eine bestimmte politikwissenschaftliche Forschungstradition, die sich mit der Inszenierung von NS-Ritualen und NS-Symbolik beschäftigt, blind für die Allgegenwart von Symbolen auch in demokratischen Systemen, aber auch im Alltag zu sein.

Beispiele für symbolisches Handeln sind: Feste, Begräbnisse, Aufmärsche, Gedenktage, Fahnenkult, Essen, Küssen...

Die Aufschlüsselung der Quellengruppe ‘Symbole’ zeigt, wie zahlreich die verschiedenen Erscheinungsformen dieses Quellentyps sind. Neben den sprachlichen Symbolen, den Metaphern und Mythen, die traditionell von den Philologien beachtet werden, gibt es gegenständliche Symbole wie Fahnen, Wappen und Kleidungsstücke, an deren Seite sich wiederum das weite Feld der symbolischen Handlungen auftut. Setzt man diese verschiedenen Symboltypen noch zu ihren zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten ins Verhältnis: im Bereich des staatlich-institutionellen Lebens, im Umfeld politischer und religiöser Bewegungen, bei der Vermittlung von Wissen, dann demonstriert schon dies die Vielfältigkeit symbolischen Kommunizierens in der politisch-sozialen Realität.

Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass es vermutlich kein einziges Gebiet menschlichen Handelns gibt, in dem Symbole nicht eine wichtige Rolle spielten. Ob es um die Markierung von sozialen Hierarchien, um den Ausdruck von weltanschaulichen Überzeugungen, um den Transport von Wissen oder um die einfache Regulierung des alltäglichen menschlichen Miteinanders geht, immer sind Symbole an herausragender Stelle beteiligt. Für den Historiker stellt die genaue Beschreibung und Analyse dieser Symbole daher einen wichtigen Schlüssel zum Verständnis jeglicher vergangener Wirklichkeit dar.

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